Richard-Wagner-Festspiele im Zoppoter Wald?

Nun, der »gelernte DDR-Bürger« wird sich bei Erwähnung des Namens »Zoppot« noch dunkel erinnern können an ein großes Musikspektakel, manch einer vielleicht etwas genauer an das »Sopot Festival«. Soll da neben dieser leichten Muse, mit Jazz alternierend, für die sich heute kaum jemand interessieren wird, noch etwas anderes gewesen sein?
Der Berliner Musikwissenschaftler Rüdiger Pohl hat uns etwa 70 Leipziger Wagnerfreunden am 16. Januar 2019 in der Leipziger Stadtbibliothek davon erzählt, dass in dem Badeort nahe Danzig von 1909 bis 1944 schon mehr im Zoppoter Wald los war, hier ab 1922 Wagner- Werke mit namhaften Künstlern aufgeführt wurden und man den Ort damals durchaus als »Bayreuth des Nordens« bezeichnen konnte.

Vor dem faktenreichen, sehr informativen Vortrag und einer Ankündigung auf nächste Veranstaltungen die traditionell musikalische Einleitung, diesmal mit Kompositionen von Georg Friedrich Händel, Günther Habicht und James D. Carey, ausgeführt auf Blockflöten von Mascha Lattrell, Clara Wallochny, Leonore Kuhn und Beate Munkwitz, Schülerinnen der Musikschule J. S. Bach.

Der Bogen des nun folgenden Vortrages spannte sich von der Eröffnung der Zoppoter Waldoper am 11. August 1909 mit der Aufführung von Conradin Kreutzers Oper »Das Nachtlager von Granada« bis zum endgültigen Ende am 11. August 1944 mit einer Aufführung des »Siegfried« von Richard Wagner.
Bemerkenswert, dass dieses Kapitel unserer Kultur Vorbild für 62 weitere Naturbühnen gefunden, aber letztendlich alle überdauert hat.
Beeindruckend auch, welch hoher Aufwand hinter dieser Zoppoter Waldbühne steckte.

Der Redner betonte mehrfach die einzigartige Verwobenheit von Bühnengeschehen und Natur. Dank seiner Lage in einem Waldtal Zoppots, umgeben vom Baltischen Höhenzug, verfügte das Theater über eine hervorragende Akustik – ein großer Vorteil gegenüber geschlossenen Theaterbauten.
Zahlreiche Tonaufnahmen von verblüffender Qualität (die älteste von 1912!) und gut erhaltene Abbildungen von Künstlern und Bühnenbildern bereicherten den Vortrag.
Nach der letzten Vorstellung blieb die Anlage in Zoppot zwar vom Krieg verschont, aber, dem Vergessen preisgegeben, verfiel sie bald und wurde schließlich für das eingangs erwähnte Musik-Festival total umgewidmet.

Viele Antworten auf Fragen aus dem Publikum ergänzten noch das Thema des Abends. Das Interesse war groß, so dass Verbandsmitglieder und Interessierte aus Berlin, Bern (Schweiz), Cottbus und Dessau angereist waren. Mit regem Applaus bedankte sich das Publikum beim Referenten.

(Bericht: Peter Uhrbach | Fotos: Volkmar Heinz)