Wagner und die Bratsche – Gesprächskonzert mit Peter Borck

In den Räumen der Grieg-Begegnungsstätte fühlten sich die Besucher wohl, herrscht hier doch eine Atmosphäre wie in einem Salon des 19. Jahrhunderts. Genau der richtige Rahmen für das Gesprächskonzert vom 6. Juli 2022, dem etwa 30 Interessenten folgten. Doch zunächst bot der langjährige Gewandhaus-Bratscher Peter Borck eine Kostprobe seines Könnens. Er spielte ein Werk von Hermann Ritter (1849–1926), dem Erfinder der so genannten Ritter-Bratsche, am Klavier begleitet von Jesus Reyes aus Venezuela. Anschließend erzählte Borck Wissenswertes zu seinem spannenden Werdegang während der DDR-Zeit. Dem Sohn eines Pfarrers blieb ein Violinstudium verwehrt, doch über die Bratsche gelangte er quasi durch die Hintertür an die Musikhochschule in Weimar und in das Orchester. Die Gäste interessierte es sodann besonders, wie man dazu kommt, in Bayreuth spielen zu dürfen. Da müsse man sich förmlich bewerben, berichtete der versierte Musiker. Das Spiel im „mystischen Abgrund“ Bayreuths sei ihm stets eine große Bereicherung gewesen. Und es stimmten die Gerüchte um die große Hitze im Orchestergraben: Man dürfe in kurzen Hosen erscheinen. Dann ging es insbesondere um die Ritter-Bratsche mit 48 cm (gegenüber normalerweise 41–43 cm) Korpuslänge. Borck führte ganz praktisch vor, dass das nur mit großer Mühe handhabbar sei. Wagners Begeisterung über die deutlich lautere Bratsche in allen Ehren, aber es wunderte Borck nicht, dass die Musiker das riesige Instrument ablehnten. Cosima hatte in ihrem Tagebuch die denkwürdige Begegnung festgehalten, als Ritter 1876 persönlich in Bayreuth erschien. Nachdem er seine Bratsche vorgeführt hatte, soll Wagner gerufen haben: „Das klingt ja herrlich, da haben Sie etwas Rechtes gemacht“.

Hermann Ritter hatte übrigens auch einige Stücke komponiert, die heute kaum zu hören sind. Als Ausklang bot Borck daher zur Freude der Gäste ein weiteres Werk des Bratschen-Erfinders. Beim anschließenden Sektempfang in entspannter Atmosphäre wurde weiter über Wagner und seine Beziehung zur Bratsche diskutiert.

Birgit Heise

Fotos: Prof. Dr. Helmut Loos