Max ist schuld oder Eine sich selbst erfüllende Prophezeiung

Weltstar Bernd Weikl stellte sein Buch in der Moritzbastei vor

Als die Lesung mit dem „Leiermann“ aus Schuberts „Winterreise“ endet, der frierend seine Leier dreht, aber im Gegensatz zu Bernd Weikl, der ihm seine Stimme leiht, von niemandem gehört wird, geht ein Aufatmen durch die Zuschauerreihen in der Ratstonne der Moritzbastei an diesem 15. Oktober 2019. Die todtraurige Geschichte einer Mutter-Sohn-Beziehung mit ihren verstörenden Einzelheiten schlug sich aufs Gemüt. „Max ist schuld oder Eine sich selbst erfüllende Prophezeiung“ nannte Kammersänger Bernd Weikl, der mit seiner „Jahrhundertstimme“ in einem breitgefächerten Repertoire von Mozart und Verdi über die Operette bis hin zur Moderne Weltkarriere machte, als Hans Sachs in Richard Wagners „Meistersingern“ Geschichte schrieb, aber auch als Regisseur und Autor wissenschaftlicher Werke hervortrat, sibyllinisch seine Novelle. Was hat es mit diesem mörderischen Fluch auf sich? Eine Wahrsagerin prophezeite der Mutter von Max, sie würde einen Sohn bekommen, der sie unglücklich macht. Die wiederum tut nicht nur alles dafür, dass sich die Prophezeiung erfüllt, sondern lässt auch in der Öffentlichkeit kein gutes Haar an ihrem Sohn.

Bereits am 3. Juni 2019 hatte die Wiener Staatsoper zum Gespräch mit Bernd Weikl und Moderator Thomas Dänemark über das Buch geladen. Für die Leipziger Premiere holte sich der Künstler die Schauspielerin Sibylle Kuhne als Verstärkung, die auch den Text für die Lesung einrichtete. Von Anfang an besteht kein Zweifel, dass es sich um Bernd Weikls eigene Geschichte handelt, obwohl Namen, Orte und Personen frei erfunden sind. „Das Buch ist für alle gedacht, die sich ständigen Anfeindungen ihrer Mitmenschen ausgesetzt sehen, die behaupten, sie würden ihre Mutter nicht lieben“, erklärt der Künstler, als wir den Abend dank Veranstaltungsmanager Lutz Hesse in der Galerie Barbakane bei einem Glas Wein ausklingen lassen. Bernd Weikl hat sich im Laufe seines Lebens selbst immer wieder diese Vorwürfe „wohlmeinender“ Zeitgenossen anhören müssen, die ihn stark belasteten. Vielleicht wirkt das Buch als Befreiungsschlag? Denn während sein ebenfalls weltberühmtes Alter Ego am Ende seine große Schuld akzeptiert, sich das Leben nimmt, im Familiengrab beigesetzt wird – „Dort liegt jetzt Max neben seiner lieben Mutter …“ – und sich die Dorfbewohner weiter genüsslich über ihn das Maul zerfetzen, ist Bernd Weikl quicklebendig und wird gefeiert. Zum Glück.

Ursula Oehme