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„Für mich ist Goethe ein Naturgeschenk“
Dieser Satz Richard Wagners dürfte auch für Dr. Manfred Osten gelten, der unter diesem Motto „zur Aktualität des Goethe-Verständnisses bei Richard Wagner“ am 18. Dezember 2019 in der Stadtbibliothek Leipzig einen gut besuchten Vortrag hielt. Der 1938 geborene Jurist und Kulturhistoriker verweist als exzellenter Kenner immer wieder auf Goethes Bedeutung für unsere Zeit, so beispielsweise in den Büchern „Alles veloziferisch“ oder Goethes Entdeckung der Langsamkeit und „Gedenke zu leben! Wage es, glücklich zu sein!“ oder Goethe und das Glück, auf die sich auch der Vortrag teilweise gründete. Anhand vieler interessanter Details und treffender Zitate verstand es Manfred Osten, sein anspruchsvolles Thema überzeugend und auch unterhaltsam zu vermitteln.
Wagner war von Kindheit an mit Goethes Werk vertraut. Vom Trauerspiel Leubald des Fünfzehnjährigen bis zur letzten, unvollendeten Schrift Über das Weibliche im Menschlichen sind vielfältige Einflüsse Goethes spürbar, einschließlich „praktischer“ Anregungen, wie derjenigen zum Verdecken des Orchesters im Bayreuther Festspielhaus. Dass der Faust für Wagner von besonderer Bedeutung war, zeigt sich schon an seinen Sieben Kompositionen zu Goethes Faust und der Faust-Ouvertüre. Aber auch In Wagners Bühnenwerken finden sich, teilweise bis in die Formulierung hinein, Anklänge und Parallelen zum Faust, besonders in Tristan und Isolde und im Ring des Nibelungen. Die sich bis heute stellenden gesellschaftlichen Fragen zu Herrschaft dank Eigentum, Knechtschaft durch Verträge, Selbstentfremdung und Verdinglichung des Menschen, von Wagner im Ring behandelt, findet man auch im Faust – und dort auch die Antwort, die Wagners gesamtes Werk bestimmt: die Erlösung durch die Kraft der Liebe, „das Ewig-Weibliche“.
Goethe und Wagner sind sich da sehr nahe.
Die Nähe Wagners zu Mendelssohn Bartholdy betonte am Beginn der Veranstaltung Madoka Ito mit der Darbietung von Klavierstücken der beiden Komponisten.
Reinhard Pfundt
Fotos: Ursula Oehme