Wagner und Mendelssohn – gegensätzliche Protagonisten der Leipziger Musikszene. Dokumentation einer Künstlerbeziehung

Am 14. Juni 2022 wurde die Studioausstellung „Hochzeitsmarsch mit Rosenkrieg. Wagner und Mendelssohn in Leipzig“ im Stadtgeschichtlichen Museum Leipzig, Haus Böttchergäßchen, feierlich eröffnet. Dies war gleichzeitig der Auftakt zum Festival „Wagner 22“. Grußworte hielten Dr. Anselm Hartinger, Direktor des Stadtgeschichtlichen Museums, Prof. Dr. Helmut Loos als Vorsitzender des Richard-Wagner-Verbandes Leipzig, sowie PD Dr. Birgit Heise als Vertreterin des Instituts für Musikwissenschaft der Universität. Aufgelockert wurden die Reden durch Schauspieleinlagen von Studenten, die ehemalige Prominente wie Theodor Apel, Felix Mendelssohn Bartholdy, Richard Wagner und seine Frau Cosima zu Wort kommen ließen. Der Ausstellungsraum bot im Anschluss dem interessierten Besucher Gelegenheit zur vertiefenden Auseinandersetzung mit dem Thema und den gezeigten Objekten.


Brautpaare geben sich noch heute das Ja-Wort unter den Klängen des Hochzeitsmarsches. Dabei haben sie die Wahl zwischen Wagners „Lohengrin“ oder Mendelssohns „Sommernachtstraum“. Symptomatisch für die dahinterstehenden Komponisten ist, dass der eine durch einen Opern-Chor repräsentiert wird, während der andere sich über das sinfonische Genre definiert. Damit wären indirekt auch die Differenzen zwischen den beiden Musikern umrissen und die Spannungen zwischen ihren andersartigen musikalischen Ansätzen angedeutet. Während der eine als Jugendlicher in Leipzig durch Bach und Beethoven musikalisch geprägt wurde, beeinflusste der andere als Gewandhauskapellmeister etwa zur gleichen Zeit das Leipziger Musikleben.

Die Ausstellung will Denkanstöße für eine „mal andere“ Positionsbestimmung geben, will darauf hinweisen, wie konträre Familienstrukturen, Ausbildungswege, ein ungleicher Förder- und Freundeskreis und sozialer Stand sowie entgegengesetzte charakterliche Veranlagungen zu getrennten Karrieren führten. Die wenigen Begegnungen zwischen beiden Musikern waren zwar freundlich, aber gleichzeitig distanziert. Goethes „Du gleichst dem Geist, den du begreifst, nicht mir!“, offenbarte die andersartigen Lebensmodelle und künstlerischen Absichten. Die ausgebliebene Förderung und versagte Wertschätzung durch Mendelssohn als Repräsentant der Musikstadt Leipzig belasteten Wagner offenbar derart emotional, dass er selbst nach Mendelssohns Tod nicht vor Verleumdung und übler Nachrede zurückschreckte, was letztlich nicht nur Mendelssohns Anerkennung schadete, sondern Wagner selbst zum Nachteil gereichte.

Das Ausstellungsprojekt ist eine Kooperation mehrerer Institutionen mit ihren besonderen Erfahrungen und Exponaten. Hauptbeteiligt waren neben dem Stadtgeschichtlichen Museum der Richard-Wagner-Verband und Studenten des Instituts für Musikwissenschaft, die einige unkonventionelle Ideen einbrachten, z. B. Karikaturen von Wagner und Mendelssohn, die mit Sprechblasen ein fiktives Gespräch führen und den Besucher zu Stellungnahmen provozieren.

Wenn auch die öffentliche Würdigung immer noch gespalten ist, so bleibt als Appell an die Besucher nur die Aufforderung: „Verachtet mir die Meister nicht, und ehrt mir ihre Kunst!“, so unterschiedlich diese auch sein mag!

Susanne Claus