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„Bretterbude mit mystischem Abgrund“ – Ein Festspielhaus für Richard Wagner
So überschrieb Annette Burkert an diesem frühsommerlichen Mittwochabend in der Leipziger Stadtbibliothek ihren Vortrag über die Wagner-Theater. In gänzlich freier Rede und mit vielen Zeichnungen und Abbildungen illustriert, gab die Referentin dem nicht sehr großen, aber sehr aufmerksamen Auditorium einen hochinteressanten Einblick in die Geschichte der Wagner-Theater. Musikalischer Auftakt: Zwei Schülerinnen der Musikschule „Johann-Sebastian-Bach“ – Clara Wiehe und Charlotte Pommer – spielten auf ihren Querflöten virtuos und in schönem Einklang kleine Stücke von J.S.Bach, Beethoven, Wilhelm Friedemann Bach und Mike Hover, wobei Dr. Birgit Heise mit der Anmerkung erheiterte, dass Richard Wagner diese Flöten ja abgelehnt und stets die historischen hölzernen gefordert habe – unbezahlbar jedoch für die Musikschülerinnen …
Die Vorstellungen Richard Wagners, wie sein ideales Theater auszusehen habe, in dem er seinen „Ring“ aufzuführen gedachte, schlossen die Nutzung bereits vorhandener Theaterbauten aus. Für ihn war die damalige Oper nur „hohler Prunk“, diente nur der Zerstreuung, das Kunstwerk eine Ware, das vom Publikum lediglich konsumiert werde. Wagner vertrat die Ansicht, dass die Kunst der „Veredlung der Nation“ dienen solle, wobei sich die Architektur im Dienste des Werkes völlig zurückzunehmen habe. Statt des standardisierten Repertoiretheaters, mit dem Wagner auch auf absolute räumliche Distanz gehen wollte, plante er Festspiele aller drei Jahre in einer Art „Bretterbude“, einem Provisorium, mit einer „vollkommenen Trennung von Realität und Idealität“, mit optimaler Bühnensicht und Gleichrangigkeit aller, einer Demokratisierung der Bühnenkunst.
Ludwig II., sein Gönner und Bewunderer, wollte die Kosten für dieses „Gesamtkunstwerk“ übernehmen. Annette Burkert erläuterte anschaulich die verschiedenen – gescheiterten – Entwürfe Gottfried Sempers, ihre Vor- und Nachteile und schließlich das Konzept, das der Leipziger Architekt Otto Brückwald in Bayreuth umsetzte und dessen Verdienste Thomas Strobels 2017 erschienenes wunderbares Buch endlich adäquat würdigt. Am Schluss gab es für die eigens aus Düsseldorf angereiste Annette Burkert viel Beifall.
Winifred König