HITLER.MACHT.OPER

Schon wieder Hitler? Muss das sein? Anscheinend ja, denn der von den deutschen Massenmedien fast zum Pop-Star hochgejubelte Adolf H. lässt die Kassen klingeln. Davon wissen die Printmedien ein Lied zu singen und die Fernsehsender, die den Anschein von Bildungsfernsehen erwecken, nicht minder. Hoffnung also für die Besucherzahlen einer Ausstellung. Und natürlich steht er exemplarisch für die zwölf Jahre, die eigentlich Tausend werden sollten. Also HITLER.MACHT.OPER.
Unter dem markanten Titel ist auch ein reich bebilderter großformatiger Katalog zur Nürnberger Ausstellung erschienen, die noch bis zum 03. Februar 2019 zu sehen ist. Der Untertitel “Propaganda und Musiktheater in Nürnberg” umreißt, wie damals Politik zu Theater und Theater zu Politik wurde und damit stark massenmobilisierenden Charakter besaß. Der Schwerpunkt der breit angelegten Dokumentation in der Stadt der ehemaligen Reichsparteitage des NS-Regimes, angelehnt an die hier stattgefundenen Reichstage römisch-deutscher Kaiser, liegt in der historisch kurzen Zeitspanne eben jener12 Jahren. Aber auch die Zeit davor und danach wird – hier vor allem von lokaler Bedeutung – behandelt. In der Kernzeit –1933 – 1945 – wird die komplexe Nürnberger Musiktheatergeschichte analysiert, also alles das, was an einem in diesem Fall konservativen deutschen Stadttheater vor und hinter der Bühne ablief. Auch menschlich und zwischenmenschlich. Das war in Nürnberg, wie damals in Deutschland überall, ein linientreues Handeln oder Ausschreiten von Grenzen im Rahmen einer auf Gleichschaltung beruhenden Kulturpolitik. Allerdings bot “Nürnberg” zwei Spezifika. Als Stadt der MEISTERSINGER nahmen diese im Spielplan der Oper eine hervorgehobene Position ein – mit einer teilweisen Spiegelung der sich in Nürnberg alljährlich wiederholenden Realität. So spiegelte das Bühnenbild von Akt 3/2 die Aufmarschstrategie der Reichsparteitage wider. Für den Rezensenten ebenso bedeutsam: das gut dokumentierte Wirken des jungen Wieland Wagner, damals Hitlers Protegé, der erst in Altenburg und danach hier 1943/1944 den kompletten Ring auf die Bühne brachte. Durchaus noch Suchender, ist es sehr interessant zu beobachten, wie er in vielen Fragen von Regie und Bühne ältere Kollegen konsultierte. Übrigens war seine GÖTTERDÄMMERUNG am 31. 08 1944 allerletzte Vorstellung im Opernhaus Nürnberg vor dessen Zerstörung durch britische Bombenflugzeuge und dem Ende der Nazidiktatur.
Der Ausstellung fehlt ein roter oder Leit-Faden so dass der Besucher ständig zweifelt, ob er an der richtigen Stelle steht. Mangelhafte Ausleuchtung und Farbgebung machen es nicht besser. Und trotzdem ist es angesichts der hoch interessanten Fakten und deren guter Aufbereitung fast schon ein Muss, diese Ausstellung gesehen zu haben. Nur noch bis zum 03. Februar d. J. ist das möglich. Eckhard Budde/Thomas Krakow