Richard Wagner in Frankreich: Übersetzung und Parodie

Professor Albert Gier aus Heidelberg, Germanist, Romanist und Spezialist für Romanische Philologie und Literaturwissenschaft mit Schwerpunkt Opern- und Operettenlibretti und Musik in der Literatur, begann seinen Vortrag mit einem informativen Überblick über die französischen Wagner-Aufführungen vor und nach 1900.
Zunächst reüssierte Wagner 1860 in Paris mit Konzerten im Théâtre Italien, in denen Auszüge aus seinen Werken aufgeführt und vom Publikum positiv aufgenommen wurden.
Wagners Bemühungen um die Aufführung seiner Oper Tannhäuser führten dank der Vermittlung der Fürstin Metternich und anderer Persönlichkeiten dazu, dass Napoleon III. die Inszenierung an der Opéra anordnete und die skandalträchtige Aufführung der Pariser Fassung nach 164 Proben im März 1861 stattfand, nach nur 3 Abenden wieder abgesetzt wurde und Wagner seine Partitur tief gekränkt zurückzog.
Trotz – oder gerade wegen – des Tannhäuser-Scheiterns entwickelte sich in Frankreich eine Wagner-Begeisterung, eine Bewegung „Wagnérisme“, einer beträchtlichen Anzahl von Künstlern, angeführt von Charles Baudelaire, die den Erneuerer der Musik feierten.Zwischen 1861 und 1891 war die künstlerische Avantgarde Frankreichs durch Wagner stärker geprägt als jene in Deutschland.

Durch seine Parteinahme am deutsch-französischen Krieg 1870/71 und besonders durch seine antifranzösische Satire „Die Kapitulation“ erfuhr Wagner erheblichen Widerstand an subventionierten Theatern.
Ab 1891 wendete sich das Blatt, und Wagner avancierte bis zum 1. Weltkrieg zum meistgespielten Komponisten auf französischen Bühnen. (Der 1. französische Gesamtring wurde 1904 in Lyon, der 1. Ringzyklus in Paris 1911 aufgeführt.)

Anhand von Textbeispielen der Walküre demonstrierte der Referent die Tücken der Übersetzung und verglich die konkurrierenden französischen Übersetzer Viktor Wilder, der die Flüssigkeit der Sprache priorisierte, und Alfred Ernst, der näher an Wagners Text war und von ihm präferiert wurde.
Zum Schluss präsentierte Herr Prof. Gier eine bisher unbekannte französische Parodie der Walküre
(„La Walkyrie ou le sabre de mon père“), in der der Autor sowohl Wagner als auch die französische Wagner-Übersetzung parodiert.

Fotos: Volkmar Heinz / volkmar@heinz-report.de