Von Johann Sebastian zu Siegfried

Vortrag und Gespräch mit Dr. Wolfgang Graf, Coburg

Ein gehaltvoller Vortrag mit „kontrapunktischen Anmerkungen zu Richard Wagner“.

Die Einleitung wie immer zu solchem Anlass, so auch an diesem 17. April 2019: musikalisch. Diesmal ausgeführt von Leonore Kuhn (Oboe), begleitet am Klavier von Noah Weiler, beide die Musikschule Leipzig „Johann Sebastian Bach“ würdig vertretend. Sie brachten uns Kompositionen von Paul Rougon und Hans Poser zu Gehör.

Der Vortragende selbst ist ein Mann der Theorie und Praxis, erkennbar daran, was er ist, einmal vollbracht hat oder noch unternimmt. Herr Dr. phil. Wolfram Graf aus Bayreuth, Musikwissenschaftler, Lehrer für Komposition, Organisator einer Konzertreihe in Bayreuth, Schriftsteller, Pianist und Konzertorganist.

Der Vortrag entstand aus der Praxis. So habe er sich im Wagnerjahr 2013 auch mit dem Siegfried-Idyll beschäftigt und dieses für Saxofon-Quartett und Klavier bearbeitet. Das war eine Arbeit! Was er da so alles entdeckt, gefunden habe – Note für Note! Viele Finessen, auch moderne Klänge seien ihm da aufgefallen, vieles über Wagner klar geworden.

Hier kommt nun das Kontrapunktische ins Spiel, eine Technik, die Wagner komplett verinnerlicht hat, nachdem er sie von seinem Lehrer Weinlig gelernt und in seiner ersten, erhalten gebliebenen Fuge ausprobiert hatte. Wir konnten uns diese Fuge in einer Bayreuther und einer Fassung mit einem französischen Chor anhören. Wagner selbst geht in seiner Autobiografie auf diesen bedeutsamen „Wendepunkt in seiner Lebensrichtung“ ein.

Eine gewisse Wende, eine Reform, führte Wagner auch während seiner Dresdner Zeit ein, indem er das bis dahin übliche Kunterbunt in den Programmen ersetzte durch eine andere, übergeordnete Struktur in seinen Konzerten. Auch an dieser Stelle zeigte sich seine Liebe zu Bach, von dem er bei seinem ersten Dresdener Konzert eine Motette aufführte.
Dr. Graf äußerte sich schließlich zu Bach und Wagner. Erstaunlich, mit welcher Klarheit, mit welcher Wortwahl und Eleganz Cosima Wagner ihre Erinnerungen beschreibt. Es ist geradezu rührend zu hören, wenn Richard gesagt haben soll, er finde bei Bach, was ihm immer besser gefallen habe als das, was er selbst wollte. Durch am Klavier vorgetragene Klangbeispiele aus dem Siegfried-Idyll wurde deutlich, wie ein Entwicklungsstrom vom jugendlichen Bach bis in seine reifen Werke hinein zu erleben ist, der sein überragendes kompositorisches Können begründete.

Der Kreis des Vortrags schloss mit einem kleinen Film über das in Bayreuth aufgeführte Siegfried-Idyll in Grafs Fassung für Sax-Quartett und Klavier. Die Zuhörer dankten es dem Referenten mit anhaltendem Applaus.

Peter Uhrbach

Fotos: Michael Ranft