Herzlichste Glückwünsche zum 90., liebe Ruth Streller!

„Musik und Theater – die Kultur war mein Lebensinhalt und ist es bis heute geblieben“, strahlt Ruth Streller mich an. Deshalb hat sie auch, wie könnte es anders sein, zur Feier ihres 90. Geburtstags eine kleine Schar Getreuer ins Leipziger Operncafé geladen. Ich freue mich, dabei zu sein und meinem „Strellerchen“ persönlich zu gratulieren, ihr zudem im Namen des Vorstands unseres Verbandes die herzlichsten Geburtstagsgrüße und besten Wünsche zu überbringen. Noch immer kümmert sie sich engagiert um die Opernreisen unseres Verbandes, das hält sie trotz gesundheitlicher Probleme jung und frisch und neugierig. Ihre gründlichen Kenntnisse der Opernliteratur ermöglichen uns auch die Bekanntschaft mit unbekannten oder selten gespielten Werken. Ohne ihre jahrelangen Erfahrungen im Umgang mit dem Besucherservice der einzelnen Häuser wäre es ihr sicher nicht gelungen, für eine der wenigen Aufführungen des „Lohengrin“ mit Anna Netrebko als Elsa und Pjotr Bezcala in der Titelpartie in der Dresdner Semperoper Karten zu bekommen, ein unvergesslicher Hochgenuss, der den Bayreuther Festspielbesuchern in diesem Jahr versagt blieb.

Als 18-Jährige erlebte Ruth Streller 1947 im Haus Dreilinden (heute Musikalische Komödie) ihre erste Wagner-Oper, „Tristan und Isolde“, und sie war vor allem vom 3. Aufzug mit seinem wundervollen Bühnenbild so beeindruckt, dass sie alle elf Vorstellungen besuchte. Da das prächtige Neue Theater am Augustusplatz nach einer Aufführung der „Walküre“ bei dem schweren Bombenangriff auf Leipzig in der Nacht vom 3. zum 4. Dezember 1943 zerstört wurde, erfolgten bis zur Eröffnung des neuen Opernhauses am nunmehrigen Karl-Marx-Platz (heute wieder Augustusplatz) insgesamt neun Inszenierungen von sieben Werken Richard Wagners in dem ehemaligen Varieté, die Ruth Streller fleißig besuchte, wobei sie mit 19 Besuchen des „Fliegenden Holländers“ einen Rekord aufgestellt haben mag. Nur nebenbei sei erwähnt, dass ihr Interesse auch anderen Komponisten galt und sie alle Opern sah, die auf dem Spielplan standen. Noch heute kann sie sich wortreich über missglückte Inszenierungen empören, aber genauso leidenschaftlich loben, was ihr gelungen erscheint.

1948 bewarb sie sich für die Statisterie (Komparserie) und später für den Bewegungschor, und konnte dadurch ihren Traum, selbst auf der Bühne zu stehen, verwirklichen. Am liebsten erinnert sie sich an ihre Mitwirkung im 3. Aufzug der „Meistersinger von Nürnberg“ im neuen Opernhaus, die der von ihr zutiefst verehrte Joachim Herz 1960 auf die Bühne brachte. „Das war der Höhepunkt meiner Hobby-Laufbahn“, berichtet sie stolz. Weitere Auftritte hatte sie in Wagner-Opern beispielsweise im 2. Aufzug von „Rienzi“ 1962 und am Ende des 2. Aufzugs des „Fliegenden Holländers“, ebenfalls 1962.

Als zum 170. Geburtstag des Dichterkomponisten am 22. Mai 1983 der „Freundeskreis Richard Wagner“ im Stadtverband Leipzig des Kulturbundes der DDR gegründet wurde (er wandelte sich am 20. Oktober 1993 zum Richard-Wagner-Ortsverband Leipzig um), gehörte Ruth Streller zu den Gründungsmitgliedern. Von Anfang an organisierte sie die zahlreichen Exkursionen, also bereits 36 Jahre. Dafür gebührt ihr ein großes Dankeschön!Heute ist sie Ehrenmitglied des Verbandes.

Mögen Ihnen noch viele schöne und erlebnisreiche Jahre mit Musik und Theater beschieden sein, liebe Ruth Streller! „Nun wollen wir auch Deinen 100. Geburtstag feiern“, ermunterte Christa Rösner in ihrem Gedicht die Jubilarin, nachdem Jakob Grabenhorst, Schüler der Musikschule „Johann Sebastian Bach“ Leipzig, sie mit einem Geburtstagsständchen erfreut hatte – Präludium und Sarabande aus der 3. Suite für Cello von Bach.

Wie heißt es doch in dem Gedicht so schön:
„Aufgeben? – kommt gar nicht in Frage
Konzert, Oper? – Ja, aber nicht mehr alle Tage!
Es wird weniger, das bekennt man frei,
aber man ist immer noch dabei!
So soll es bleiben – auch wenn es euch wundert,
das nächste Ziel ist die HUNDERT!!!“

Ursula Oehme