Wenn die Rheintöchter etwas entgegenkommender gewesen wären …

„Der Ring an einem Abend“ in der Oper Leipzig
Schon zeigten die Wagnerianer wegen der coronabedingt unerträglich langen Schließung heftige Entzugserscheinungen, da kündigte die Oper Leipzig ein Trostpflästerchen an, Richard Wagners und Loriots „Ring an einem Abend“, am 18. April 2021 zunächst gestreamt. Das war löblich, aber nicht das reine Vergnügen, denn es gab erhebliche Tonprobleme. So zeigte man sich erst versöhnt, als man am 18. Juli 2021 noch rechtzeitig zum Spielzeitende wieder im „Opernhaus Saal mit Abstand“ Platz nehmen konnte, wie es die Eintrittskarte auswies. Sprecher Axel Bulthaupt begrüßte das Publikum aus seiner gemütlichen Plauderecke mit den Worten: „Schön, Sie zu seh’n ohne Maske“, und widmete den Abend unter Beifall den Hilfskräften der vom Hochwasser Betroffenen im Westen unseres Landes.

Es mag nicht jedermanns Sache sein, Vicco von Bülows alias Loriot hochgelobter „Ring“-Kurzfassung von dreieinhalb Stunden Dauer voller Enthusiasmus beizuwohnen, wenn man doch viel lieber vier Abende mit Richard Wagners Mammutwerk verbringt und bereits so tief in das Geschehen und die Musik eingetaucht ist, dass man keine Szene und keinen Ton missen möchte. Aber der Ring an einem Abend hat durchaus Überzeugendes und Mitreißendes. Da wäre das glänzend aufgelegte Gewandhausorchester in großer Besetzung auf der Bühne, wie Hausherr und Generalmusikdirektor Prof. Ulf Schirmer sich auf höchstem Niveau abarbeitend im Dienste Wagners. 28 Sängerinnen und Sänger in edler Abendgarderobe, bar jeglicher Kulissen, nur auf sich gestellt, tun es ihnen gleich. Zu Tränen rührten mich Hingabe, Feuer und Leidenschaft von Elisabet Strid als Sieglinde und Ric Furman als Siegmund. Man glaubt ihnen jedes Wort und fiebert mit ihnen mit, obwohl ihr Schicksal vorherbestimmt ist. Eine geballte Ladung temperamentvoller Weiblichkeit verströmten die hinreißenden Walküren ebenso wie die Rheintöchter, die über aller Koketterie mit dem verschmähten Alberich ihre Hauptaufgabe vernachlässigen und dann den Verlust des Goldes in der Tiefe bejammern. Wie heißt es doch humorvoll bei Loriot? „Wenn die Rheintöchter etwas entgegenkommender gewesen wären, hätte man sich drei weitere aufwendige Opern sparen können.“ Zum Glück waren sie es nicht.

Ursula Oehme