Im Rahmen der Leipziger Festspiele WAGNER 22 hatte auch Mathilde Wesendonck (1828–1902) ihren Auftritt erhalten. Etwa 70 lokale und internationale Gäste waren am 28. Juni 2022 in der Richard-Wagner-Aula der Alten Nikolaischule zusammengekommen, um Mathildes Erinnerungen während einer szenisch-musikalischen Lesung beizuwohnen. Wagnerianer wissen, sie ist Isolde. Denn in seiner Züricher Zeit der 1850er Jahre galt die verheiratete Schriftstellerin Richard als Muse und bildete später die Basis für seine bewegende „Tristan“-Oper (1859). „Die intensive und schmerzhafte Beziehung der beiden hatte mich schon während des Wagner-Jubiläums 2013 beschäftigt“, sagte Ursula Oehme vom Leipziger Richard-Wagner-Verband. Ein reichliches Jahr später war das Lesedrama „Lovestory ohne Happy End“ erschienen. Es beruht auf Originaltexten und behandelt ein fiktives, um 1865/70 angesiedeltes Gespräch Mathildes mit ihrer Freundin Eliza Wille (1804–1893) über Wagners dramatische Gefühlswelt.
Diese durchlebten auch Sibylle Kuhne, Schauspielerin und Inhaberin des Kölner Theaterpreises (2003), als Mathilde sowie die Buchautorin als Eliza in anmutiger Weise. Festlich und dem großbürgerlichen Stil der damaligen Zeit entsprechend aufwendig kostümiert, trugen die beiden Frauen die (gut zusammengestellten) Liebesbekenntnisse und Bedenken rund um Wagner vor. „Schon damals stand das Tête-à-tête unter keinem guten Stern“, erklärte Oehme. Denn wie Richard selbst, war auch die fünfzehn Jahre jüngere Mathilde verheiratet. Aufsehen erregten sie, als die Innigkeit publik wurde. Von ihrem Verhältnis zeugen heute noch eine Handvoll Briefe, Tagebuchblätter sowie auch einige Lieder. Einen Eindruck vermittelte Professor Rolf-Dieter Arens, ehemaliger Rektor der Hochschule für Musik „Franz Liszt“ in Weimar, zwischen den Akten des Lesedramas. Auf einem um 1830 entstandenen Broadwood-Klavier erklang unter anderem die stimmungsvolle „Sonate für Mathilde Wesendonck“ (WWV 85) und bildete damit ein weiteres Highlight des Abends.
A. Höhling
Fotos: Volkmar Heinz
(Die letzten zwei Fotos sind von Christine Scheunemann)
- Aufführungsort Richard-Wagner-Aula
- Broadwood-Klavier, aufgeschlagen: 2. Satz (molto Adagio), aus der Sonate A-Dur von Richard Wagner, 1832
- Publikum in Erwartung
- Prof. Rolf-Dieter Arens am Broadwood-Klavier
- Mathilde Wesendonck (Sibylle Kuhne, links), ihre Freundin Eliza Wille (Ursula Oehme)
- Mathilde: „Der Meister bat mich unlängst, alle Dokumente von seiner Hand zu vernichten. Hieße das nicht, unsere Beziehung ungeschehen zu machen? Was soll ich tun, Eliza?“
- Eliza: „Bleib ganz ruhig, Liebste. Wir finden einen Weg. Doch lass uns nicht unüberlegt handeln.“
- Eliza: „Sieh mal, hier ist ein Brief aus Pallanza vom 20. Juli 1852. Dein Mann hatte ihm die Mittel für seine Italienreise vorgestreckt und ihm auch noch Götterzigarren mit auf den Weg gegeben.“
- Mathilde: „Das eigentümlich Hinreißende seines Vortrags bleibt mir für immer in Erinnerung.“
- Mathilde: „ „Es war ein Taumel des Glücks, eine Offenbarung. Kränze mit Gedichten flogen auf die Bühne, und ich gestehe, dass der größte und schönste von mir stammte.“
- Eliza: „Wagner befand sich fast beängstigender Aufregung, obwohl er damals noch nicht die obligate halbe Flasche Champagner zur Nervenerfrischung nötig hatte.“
- Mathilde: „Ein weißes Blatt nannte er mich, das er sich vornahm, zu beschreiben, zu komponieren.“
- Mathilde: „Was er am Vormittag komponierte, pflegte er am Nachmittag auf meinem Flügel zu prüfen.“
- Prof. Rolf-Dieter Arens spielt Richard Wagners Sonate für Mathilde Wesendonck von 1853
- Epilog, vorgetragen von Ursula Oehme
- Schlussapplaus

Lovestory ohne Happy End. Richard Wagner und Mathilde Wesendonck. Lesedrama in zwei Akten und einem Epilog von Ursula Oehme, 44 S., Verlag OsirisDruck Leipzig 2015, ISBN 978-3-941394-44-5; 9,80 € (davon erhält der Richard-Wagner-Verband Leipzig 3,80 €) Erhältlich im Online-Shop des Verbandes, in der Geschäftsstelle und am Tisch des Verbandes in der Oper.