„Um meine Sache steht es schlecht“ – Friedelind Wagner zum 100. Geburtstag

Ein anregender Abend mit Dr. Christine Pezold und Prof. Dr. Peter P. Pachl

Sie ist ihrem Vater wie aus dem Gesicht geschnitten: Friedelind Wagner, am 29. März 1918 in Bayreuth geborenes zweites Kind und älteste Tochter von Winifred und Siegfried Wagner. Die Fotos auf der Projektionswand zeigen eine attraktive Frau mit schönem Mund, umgeben von ihrer Familie, ihrem „Wahlvater“ Arturo Toscanini oder Adolf Hitler, der ganz selbstverständlich zum Umfeld der Familie Wagner gehörte und sich sowohl in die Erziehung der Kinder als auch die Ausrichtung der Bayreuther Festspiele einmischte. Davon erzählt Friedelind Wagner in ihrem Buch „Nacht über Bayreuth“. Dr. Christine Pezold begann ihren Vortrag mit einem Gedanken Eva Riegers aus ihrem Buch über die „rebellische Enkelin Richard Wagners“: Friedelinds Leben wäre anders verlaufen, wäre sie als Junge geboren. Eine schlichte Wahrheit, doch trifft sie auf Friedelind in besonderem Maße zu. Sie war, so Prof. Pachl, der 1972 die Siegfried-Wagner-Gesellschaft gegründet hat, eine „Kunstfigur“ schon im Mutterleib und schließlich im Leben. Am Tag ihrer Geburt, Karfreitag 1918, arbeitete ihr Vater gerade an seiner Oper „Der Schmied von Marienburg“, deren aufmüpfiger Heldin – Friedelind – das kleine Mädchen seinen Namen verdankt. Und nicht nur den, auch den Spitznamen „Maus“ und den rebellischen Charakter bekommt Friedelind quasi in die Wiege gelegt. Sie ist zwölf, als der geliebte Vater stirbt. Den Stiefvater akzeptiert sie nicht, mit ihrer Mutter ficht sie heftige Kämpfe aus, zur politischen Entwicklung in Nazideutschland gerät sie zunehmend in Opposition. Sie schert aus dem Familienverband aus, verlässt Deutschland. Als sie 1953 heimkehrt, wird sie von der (west)deutschen Presse als „schwarzes Schaf der Familie“ begrüßt, als „Retterin der Familienehre“ sehen andere sie. Eine künstlerische Entwicklung wie ihre Brüder nimmt Friedelind nie, als Gründerin der Bayreuther Meisterklassen tritt sie dennoch in Wagnerische Fußstapfen. Die beiden Referenten des Abends sind Friedelind Wagner persönlich begegnet, wodurch der Abend nicht nur interessante Fakten und Hintergründe einer außergewöhnlichen Biografie vermittelte, sondern, mit Geschichten und Anekdoten gut gewürzt, wie im Flug verging. Ein berührender Moment an diesem 17. Oktober in der Leipziger Stadtbibliothek: Friedelind Wagners Stimme vom Band, als sie sich am 13.2.1942 aus New York an die „deutschen Hörer“ wandte…