Der Ring in 135 Minuten im Goethe-Theater Bad Lauchstädt

Der Leipziger Richard-Wagner-Verband und die Leipziger Oper hatten die Idee im Rahmen der „pflichtgemäßen“ Stipendiaten-Förderung und luden ehemalige Stipendiaten, vorwiegend Leipziger Provenienz, zu einem szenischen Festkonzert ein. Geistiger Realisator, was Fassung, Text, Inszenierung und Ausstattung anging, war die bühnenerfahrene charmante Jasmin Solfaghari. Den Leipzigern eine Vertraute (u. a. Ring für Kinder), aber darüber hinaus durchaus Ring-erfahren. So hat sie – Schülerin von Götz Friedrich – 2018 einen kompletten Ring auf die Bühne gebracht und auch in Berlin eine Kurzfassung zelebriert. Ihre Vertrautheit mit dem komplizierten Stoff war ihrer Lauchstädter Fassung anzumerken.

Eine Originalität war der Spielort selbst in mehrerlei Hinsicht, inzwischen mit großem Aufwand komplett saniert. Der junge Richard Wagner begann im August 1834 genau hier seine Weltpremiere als Dirigent – mit Mozarts Don Giovanni – und lernte so nebenbei Minna Planer kennen, seine spätere erste Ehefrau. Schiller und Goethe waren Jahre vordem dominante Geistesgrößen in dem kleinen Ort, der durch eine Heilquelle seinen Ruhm erlangte.

Zu dem Hauptereignis! Mit zwei Bussen reisten entdeckungsfreudige Leipziger vom Verband und außerdem zahlreiche Individualgäste an und füllten das Theaterchen ziemlich gut. Was sie in den gut 135 Minuten erwartete, war schon außergewöhnlich.
Ein Dirigent (Justus Thorau) war musikalischer Herrscher über zwei Pianisten (Minsang Cho und Tackyoung Chung) sowie zehn Solisten, die alle -außer Brünnhilde- mehrere Rollen verkörperten, was oft einen rasanten Wechsel nötig machte. Der Clou war Luna, der Herr mit Hut und Textbuch, eine Erfindung von Jasmin Sofaghari. Der führte das Publikum in oft ironischer Weise (das tat gut!) in die verwickelte Personalsituation ein. Mit Ironie vorgetragen, trug das zur Aufheiterung und zum Verständnis der Kurzfassung bei, blockierte aber den dramatischen Fluss des Musikalischen. Aber den gab es im reduzierten musikalischen Gewebe ja kaum. Wenn der Kenner große musikalische Bögen erwartete, wurde er meist enttäuscht. Ein Ring in Kurzfassung, der die Stärken Wagnerscher Dramaturgie und die seiner erzählenden Musik fast ausschaltete. Trotzdem hinterließen die dargebotenen Fragmente einen bedeutenden Eindruck, wenn der Kenner nicht zu strenge Maßstäbe anlegte und sich einig war, einen Ring für Anfänger erleben zu wollen. Nicht allen Solisten gelang es, sich dem kleinen Raum anzupassen. Vorbildlich Jieun Choi (Sieglinde, Gutrune), Paul Kaufmann (Mime, Loge) und Agnes Selma Weiland (Brünnhilde).
Summa summarum: ein bemerkenswerter Versuch, ehemalige Absolventen auf der Bühne als Ensemble zusammenzuführen und so die Kleinarbeit der Verbände zu würdigen. Das Puzzlespiel ist Jasmin Solfaghari und ihrem Team gelungen. Danke! Der Schlussjubel sprach dafür.

Eckhard Budde

Fotos: @Opernfotografie Detlef Kurth

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