Richard Wagner und seine Alpenwanderungen

Mach´s einer nach und breche nicht den Hals

Am 19.01.2023 fand in der Statbibliothek Leipzig ein Vortrag mit anschließendem
Gespräch der Vortragenden Steffi Böttger aus Leipzig statt.

Nach einer herzlichen Begrüßung zog die Referentin ihre Zuhörer sofort in den Bann. Richard Wagner kam durch seinen Stiefvater Ludwig Geyer in Dresden bereits in jungen Jahren mit der Theater- und Musikwelt in Berührung. Er begleitete später das Amt eines königlich-sächsischen Hofkapellmeisters. 1849 mußte er Dresden verlassen, da er an revolutionären Handlungen gegen den Staat beteiligt war. Mit Hilfe von Franz Liszt, seinem Gönner und späteren Schwiegervater konnte er Deutschland verlasseen und ins Schweizer Exil nach Zürich gelangen.

Schon der erste Blick auf die schneebedeckten Alpen beeindruckte ihn außerordentlich und erweckte eine romantische Begeisterung für die Schweizer Berge. Seine erste Besteigung des Rigi 1850 mit seinen herrlichen Sonnenauf- und untergängen waren für ihn unvergeßlich. Natürlich gab es zu dieser Zeit noch keine beschilderten Wanderwege oder Zahnradbahnen. Die Wanderwege und Aufstiege waren sehr beschwerlich und kosteten viel Kraft und Energie. So wird 1851 eine mit einem Bergführer unternommene Wanderung zum 2000 m hohen Sentis mit seinem Dresdener Freund Theodor Uhlig, welcher bereits an einer unheilbaren Krankheit litt, beschrieben. T. Uhlig glitt in einem Bach aus und fiel ins Wasser. Er breitete seine Kleider und Wäsche in der Sonne aus und führte in der Zwischenzeit eine sehr wohltuende Promenade unbekleidet an der frischen Luft aus. Völlig ermattet und halbtot vor Erschöpfung erreichten sie endlich das Ziel. Der Feiheitsdichter Georg Herwegh schildert ebenfalls in einer anstrengenden Fußwanderung die Besteigung des Faulhorn nach Italien. Wagner wählte die schwierigen Routen durch die Berner und Walliser Alpen und bevorzugte einsame Wege, am liebsten über die Gletscher, welche nicht ungefährlich waren.

An seine erste Ehefrau Minna schrieb er aus Zürich: mit Dir, meine liebe Minna möchte ich glücklich und ungestört in dieser herrlichen Alpenwelt leben. Es wäre für mich das Seligste, was ich ersehnen kann. Minna verließ Dresden und übersiedelte zu ihm nach Zürich. Weitere Wanderungen führten ihn auch in das Berner Oberland, wo er an seinem 39. Geburtstag die Dichtung zur Walküre beendete. Eine Reise ins Tal von Chamonix mit Ausblick auf das gewaltige Massiv des Mont Blanc war die größte seiner Alpenwanderungen. Unter diesen beeindruckenden Einflüssen beschäftigte er sich mit der Dichtung des Rheingold und brachte die Dichtung der Nibelungentetralogie zum Abschluß.
In zahlreichen Briefen schreibt Wagner, unter anderem an F. Träger in London: Du kannst Dir gar nicht vorstellen, wie schön es hier ist, welche Luft man atmet und wie wohltätig dieses wundervolle Ganze auf mich wirkt. Der Klang eines Alphorns während einer Wanderung zur Rigi ging ihm nicht aus dem Kopf und es entstand die Melodie des Hirten in seiner Oper Tristan und Isolde, welche die Ankunft Isoldes Schiff ankündigte.

Die Eindrücke und Erlebnisse zahlreicher Wanderungen und Reisen in die Alpenwelt haben Einflüsse auf sein künstlerisches Wirken gezeigt. In diese Zeit fiel vor allem die Konzeption und Ausführung des Nibelungenringes, jenes Kolossalwerkes, dem Natur und Naturstimmungen wie Wasser, Nebel, Berge, Klüfte, Sonne und Gewitter eingegangen sind.
Ebenso verhält es sich in der Walküre und im Siegfried: Gewitter, Frühlingsnacht, Stürme, Morgendämmerung, der sonnig beschienene Wald, Wetter usw.
R. Wagner war auf seinen Wanderwegen ein sehr aufmerksamer Beobachter. Die Urgewalten der Berge haben auf seine Phantasie mächtig eingewirkt und sein künstlerisches Schaffen beeinflußt.