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Streicherklänge aus dem „mystischen Abgrund“
Gewandhaus-Geiger Karl Heinrich Niebuhr im Gespräch mit Dr. Birgit Heise
Er ist erst 34 Jahre alt, hat aber schon mehr als 300 Vorstellungen als Geiger im Bayreuther Festspielorchester absolviert. Rechnet man die Probentage hinzu, so ist es ein ganzes Lebensjahr, welches Karl Heinrich Niebuhr allein dem von Richard Wagner begründeten Unternehmen gewidmet hat. Seit 11 Jahren schon verbringt der Gewandhausmusiker seinen „Sommerurlaub“ zu großen Teilen im „mystischen Abgrund“ des Orchestergrabens, nicht selten bei fast unerträglichen Temperaturen. Ohne Begeisterung für Wagners Musik ist so etwas undenkbar, doch ziehen ihn auch die besondere Atmosphäre Bayreuths, die große Tradition, das hohe musikalische Niveau und die Wiederbegegnung mit Kollegen aus aller Welt in jedem Jahr erneut dorthin.
Vorstandsmitglied Dr. Birgit Heise, ehemalige Kustodin des Museums für Musikinstrumente der Universität Leipzig und nunmehr am Musikwissenschaftlichen Institut der Universität tätig, hatte Herrn Niebuhr für den 16. Oktober 2019 zu einem Gespräch über den Einsatz der Violinen in Wagners Werken eingeladen und etablierte damit gleichzeitig eine Veranstaltungsreihe, die jährlich fortgeführt werden soll, bezogen auf jeweils andere Instrumente.
Die Vielseitigkeit der Violinen wurde von Frau Dr. Heise hinsichtlich verschiedener Spielweisen systematisch angesprochen und deren gezielte Anwendung bei Wagner auch anhand von einigen Klangbeispielen vorgeführt; Herr Niebuhr beschrieb die unterschiedlichen Anforderungen bei der praktischen Ausführung der oft schwierigen Passagen und die daraus entstehende Wirkung. Hervorgehoben wurde die besondere Möglichkeit der Violine, die „Intensität“ des Tones flexibel zu gestalten. Der interessante und instruktive Abend schloss mit einer Fragerunde unter Einbeziehung des Publikums.
Zu Beginn der Veranstaltung hatten die Anwesenden Gelegenheit, Frau Sung-Ah Park wiederzubegegnen. Sie wird zukünftig an der Musikhochschule Leipzig für die Bayreuth-Stipendiaten zuständig sein. Am Klavier erfreute sie das Publikum mit dem Brautlied aus „Lohengrin“ in der Bearbeitung von Franz Liszt.
Reinhard Pfundt